Die Fragen tauchen in unzähligen Gesprächen immer wieder auf, auch hier im Forum, letztmalig siehe hier.
Leider lässt sich das nicht in zwei, drei Sätzen erklären, daher versuche ich mal so kurz und knapp wie nur irgend möglich die ganzen Zusammenhänge etwas aufzudröseln. Auch weil wir immer wieder auch mal PIEGA-Neulinge in "unserer Mitte" haben. Wegen der Knappheit und Kürze werden die Profis sicherlich an ein paar "unsauberen" Stellen hängen bleiben, aber das nehme ich jetzt einfach mal in Kauf.
Nahezu alle Zusammenhänge beim Lautsprecher stehen in massiven Widersprüchen. Der Kunde wünscht sich "lauter und tiefer Bass", aber ein kleines Gehäuse.
An einer Gesetzmäßigkeit kommt kein LS-Entwickler vorbei. Mit der "Tiefe" der Frequenz, steigt der Membranhub, also der Weg, den die Membran leisten muss. Dabei gilt:
Gleicher Pegel und Halbierung der Frequenz = 4-facher Membranhub.
Beispiel:
Es wird ein Ton mit 80 dBA und 100 Hz gespielt, dann macht unser Beispielchassis 2 mm Hub
Bei 80 dBA und 50 Hz muss das gleiche Chassis bereits 8 mm Hub machen.
Aber nicht nur die Frequenz entscheidet über den Hub, auch ein steigender Schallpegel fordert immer mehr Membranhub. Blöd an der Sache: Sowohl der Membranhub, als auch die Membranfläche sind reglementiert. Und auch das ist fast ein Naturgesetz: Mit einem steigenden Membranhub steigen die Verzerrungen an.
Die Techniker versuchen deshalb mit vielen "Tricks" aus einem Chassis ein möglichst tiefen und lauten Ton zu erzeugen. Ob jetzt mehrere kleine Chassis oder lieber ein sehr großes Chassis eingesetzt ist die nächste Denksportaufgabe. Beide Aufbauten haben Vor- und Nachteile.
Interessanter wird die Betrachtung beim Gehäuseprinzip. In den allermeisten Fällen werden Bassreflex- oder geschlossene Gehäuse eingesetzt. Wobei insbesondere bei den passiven LS das Bassreflex-System den Löwenanteil aufweist. Die von der Chassis-Rückseite abgestrahlte Energie wird genutzt, um in einem bestimmten Frequenzbereich den Pegel zu erhöhen. In der Folge wird der Membranhub reduziert, die Verzerrungen sinken. Der Wirkungsgrad ist beim Reflex-System verhältnismäßig hoch. Der Nachteil: Weil das Signal "zeitverzögert" aus dem Reflexkanal kommt, wird das Impulsverhalten negativ beeinflusst. Zumindest messtechnisch ist das ein Nachteil des BR-System gegenüber der geschlossenen Box. Und das BR-System kämpft mit massiven Problemen, wenn das ganze System unterhalb seiner Abstimmfrequenz betrieben wird.
Anders das geschlossene System. Durch die Regel, dass bei höherem Pegel/tieferer Frequenz der Membnranhub immer weiter ansteigt, wird das Luftpolster im Inneren der Box immer stärker komprimiert, was zwangsläufig den Wirkungsgrad reduziert, weil die "Gegegenkräfte" des eingeschlossenen Luftvolumens immer stärker werden. In früheren Jahren wurde das durch relativ große Gehäuse kompensiert, um das "Luftpolster" möglichst "flexibel" zu halten.
Das alles war mit ein Grund, warum geschlossene Systeme im Markt eine Zeitlang fast "ausgestorben" waren. Das BR-System konnte bei vergleichbaren Größen lauter aufspielen.
Das alles änderte sich mit der Zunahme an DSP-kompensierten aktiv-LS mit "digitalen" Verstärkern. Urplötzlich war das Thema Leistung unbedeutend, da "Digitalerstärker" (oder besser Schaltverstärker) Leistung im Überfluss bereit stellen und dabei klein sind und kaum Abwärme produzieren. Das Thema Leistung kann also als "erledigt" abgehakt werden. Was bleibt, ist die Gesetzmäßigkeit zum Membranhub.
Hier kann der DSP helfen, in dem der Membranhub überwacht wird und auf zwei Arten gegengesteuert werden kann. Der DSP begrenzt automatisch den Pegel und/oder er reduziert den Tiefgang des Systems. Genauer könnt ihr das hier lesen. In beiden Fällen wird der Membranhub reduziert, gleichzeitig entstehen höhere Reserven, um "noch lauter" spielen zu können, bzw. die unvermeidbaren Verzerrungen bleiben in vertretbaren Größen. Selbstverständlich bleibt es aber dabei - das Chassis ist und bleibt im möglichen Membranhub IMMER begrenzt.
Damit komme ich noch einmal auf den Eingangs erwähnten Link zurück und mache das an zwei konkreten Bespielen fest.
Die Ace 50 verfügt über 4 Bass-Chassis, daraus ergibt sich:
4 x 12 cm Durchmesser = 4 x ~113 cm² = ~452 cm²
Die Premium 701 verfügt über 2 Bass-Chassis, daraus ergibt sich:
2 x 14 cm Durchmesser = 2 x ~154 cm² = ~308 cm²
Klar, die 50er schiebt mehr Luft und ist somit lauter ... ist das so?
Kann man so nicht sagen, denn wichtig ist auch, wie der mögliche Membranhub ist. Rechnen wir erneut und ich vermute jetzt einfach mal, weil ich dazu keine genauen Daten habe.
Angenommen, die Chassis der Ace 50 können 3 mm Hub machen, dann kommt raus:
452 cm² x 0,3 cm = ~136 cm³
Angenommen, die Chassis der Premium können 5 mm Hub machen, dann kommt raus
~308 cm² x 0,5 cm = ~154 cm³
Obwohl also die Fläche bei der Premium kleiner ist, wird mehr Luft "geschoben". Aber nochmals ganz deutlich, die Hub-Angabe ist reine Spekulation und Beispielhaft und soll nur deutlich machen, wie man in eine Falle tappen kann. Das Beispiel Hub/Fläche ist aber auch nur ein Teil der Wahrheit.
Erschwerend kommt das Bauprinzip hinzu. Wie ja erläutert, ist das BR-System prinzipiell "lauter" als eine geschlossene Variante. Da muss dann wieder die Frage gestellt werden, ob die Verstärkerleistung und der Chassiseinsatz ausreichen, um diesen Nachteil der geschlossenen Variante zu kompensieren.
Das ist auch der Grund, warum ein Vergleich der Systemwelten (aktiv vs passiv oder geschlossenes Gehäuse vs. BR) schwer bis unmöglich ist.
Jetzt kommt aber die technische "Trickserei" ins Spiel und eine wichtige philosophische Frage: "Was ist laut - wer kann das ausnutzen?"
Wir müssen an der Stelle eklatante "Fehlanpassungen" zwischen Raum und LS außer Acht lassen. Wer in einem 200 m²-Loft in 8 Meter Entfernung die Ace 30 einsetzt, um damit AC/DC im Live-Pegel zu hören, macht wirklich alles verkehrt. Betrachten wir also ein "gesundes Verhältnis" zwischen Raum- und LS-Größe sowie Abhördistanz.
Nur die allerwenigsten Nutzer betreiben ihre LS ständig oder zumindest oft im Grenzbereich. Das heißt, der Membranhub ist in den seltensten Fällen "am Anschlag". Diesen Umstand kann der Konstrukteur nun ausnutzen, um beim "üblichen" Pegel den Bass über die DSP-Regelung tiefer laufen zu lassen. Er setzt praktisch die ungenutzten Hub-Reserven ein. Das klappt solange, bis der Pegel so hoch wird, dass der Membranhub in "gefährliche Bereiche" kommt und dann wird wie oben beschrieben gegengesteuert.
Es kann also sein, dass das "kleinere" geschlossene System insgesamt eine messtechnisch bessere Bassperformance gegenüber einer BR-Variante aufweist (Impulsverhalten, Tiefe) aber eben nicht so laut kann.
Was aber "laut" ist, kann nicht genau definiert werden. Deswegen muss hier immer wieder der Rat erfolgen im "Selbstversuch" zu hören.
Ach ja .... und nicht vergessen:
Die gesamte Bassperformance wird zu einem erheblichen Anteil auch durch den vorhandenen Hörraum beeinflusst. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Leider lässt sich das nicht in zwei, drei Sätzen erklären, daher versuche ich mal so kurz und knapp wie nur irgend möglich die ganzen Zusammenhänge etwas aufzudröseln. Auch weil wir immer wieder auch mal PIEGA-Neulinge in "unserer Mitte" haben. Wegen der Knappheit und Kürze werden die Profis sicherlich an ein paar "unsauberen" Stellen hängen bleiben, aber das nehme ich jetzt einfach mal in Kauf.
Nahezu alle Zusammenhänge beim Lautsprecher stehen in massiven Widersprüchen. Der Kunde wünscht sich "lauter und tiefer Bass", aber ein kleines Gehäuse.
An einer Gesetzmäßigkeit kommt kein LS-Entwickler vorbei. Mit der "Tiefe" der Frequenz, steigt der Membranhub, also der Weg, den die Membran leisten muss. Dabei gilt:
Gleicher Pegel und Halbierung der Frequenz = 4-facher Membranhub.
Beispiel:
Es wird ein Ton mit 80 dBA und 100 Hz gespielt, dann macht unser Beispielchassis 2 mm Hub
Bei 80 dBA und 50 Hz muss das gleiche Chassis bereits 8 mm Hub machen.
Aber nicht nur die Frequenz entscheidet über den Hub, auch ein steigender Schallpegel fordert immer mehr Membranhub. Blöd an der Sache: Sowohl der Membranhub, als auch die Membranfläche sind reglementiert. Und auch das ist fast ein Naturgesetz: Mit einem steigenden Membranhub steigen die Verzerrungen an.
Die Techniker versuchen deshalb mit vielen "Tricks" aus einem Chassis ein möglichst tiefen und lauten Ton zu erzeugen. Ob jetzt mehrere kleine Chassis oder lieber ein sehr großes Chassis eingesetzt ist die nächste Denksportaufgabe. Beide Aufbauten haben Vor- und Nachteile.
Interessanter wird die Betrachtung beim Gehäuseprinzip. In den allermeisten Fällen werden Bassreflex- oder geschlossene Gehäuse eingesetzt. Wobei insbesondere bei den passiven LS das Bassreflex-System den Löwenanteil aufweist. Die von der Chassis-Rückseite abgestrahlte Energie wird genutzt, um in einem bestimmten Frequenzbereich den Pegel zu erhöhen. In der Folge wird der Membranhub reduziert, die Verzerrungen sinken. Der Wirkungsgrad ist beim Reflex-System verhältnismäßig hoch. Der Nachteil: Weil das Signal "zeitverzögert" aus dem Reflexkanal kommt, wird das Impulsverhalten negativ beeinflusst. Zumindest messtechnisch ist das ein Nachteil des BR-System gegenüber der geschlossenen Box. Und das BR-System kämpft mit massiven Problemen, wenn das ganze System unterhalb seiner Abstimmfrequenz betrieben wird.
Anders das geschlossene System. Durch die Regel, dass bei höherem Pegel/tieferer Frequenz der Membnranhub immer weiter ansteigt, wird das Luftpolster im Inneren der Box immer stärker komprimiert, was zwangsläufig den Wirkungsgrad reduziert, weil die "Gegegenkräfte" des eingeschlossenen Luftvolumens immer stärker werden. In früheren Jahren wurde das durch relativ große Gehäuse kompensiert, um das "Luftpolster" möglichst "flexibel" zu halten.
Das alles war mit ein Grund, warum geschlossene Systeme im Markt eine Zeitlang fast "ausgestorben" waren. Das BR-System konnte bei vergleichbaren Größen lauter aufspielen.
Das alles änderte sich mit der Zunahme an DSP-kompensierten aktiv-LS mit "digitalen" Verstärkern. Urplötzlich war das Thema Leistung unbedeutend, da "Digitalerstärker" (oder besser Schaltverstärker) Leistung im Überfluss bereit stellen und dabei klein sind und kaum Abwärme produzieren. Das Thema Leistung kann also als "erledigt" abgehakt werden. Was bleibt, ist die Gesetzmäßigkeit zum Membranhub.
Hier kann der DSP helfen, in dem der Membranhub überwacht wird und auf zwei Arten gegengesteuert werden kann. Der DSP begrenzt automatisch den Pegel und/oder er reduziert den Tiefgang des Systems. Genauer könnt ihr das hier lesen. In beiden Fällen wird der Membranhub reduziert, gleichzeitig entstehen höhere Reserven, um "noch lauter" spielen zu können, bzw. die unvermeidbaren Verzerrungen bleiben in vertretbaren Größen. Selbstverständlich bleibt es aber dabei - das Chassis ist und bleibt im möglichen Membranhub IMMER begrenzt.
Damit komme ich noch einmal auf den Eingangs erwähnten Link zurück und mache das an zwei konkreten Bespielen fest.
Die Ace 50 verfügt über 4 Bass-Chassis, daraus ergibt sich:
4 x 12 cm Durchmesser = 4 x ~113 cm² = ~452 cm²
Die Premium 701 verfügt über 2 Bass-Chassis, daraus ergibt sich:
2 x 14 cm Durchmesser = 2 x ~154 cm² = ~308 cm²
Klar, die 50er schiebt mehr Luft und ist somit lauter ... ist das so?
Kann man so nicht sagen, denn wichtig ist auch, wie der mögliche Membranhub ist. Rechnen wir erneut und ich vermute jetzt einfach mal, weil ich dazu keine genauen Daten habe.
Angenommen, die Chassis der Ace 50 können 3 mm Hub machen, dann kommt raus:
452 cm² x 0,3 cm = ~136 cm³
Angenommen, die Chassis der Premium können 5 mm Hub machen, dann kommt raus
~308 cm² x 0,5 cm = ~154 cm³
Obwohl also die Fläche bei der Premium kleiner ist, wird mehr Luft "geschoben". Aber nochmals ganz deutlich, die Hub-Angabe ist reine Spekulation und Beispielhaft und soll nur deutlich machen, wie man in eine Falle tappen kann. Das Beispiel Hub/Fläche ist aber auch nur ein Teil der Wahrheit.
Erschwerend kommt das Bauprinzip hinzu. Wie ja erläutert, ist das BR-System prinzipiell "lauter" als eine geschlossene Variante. Da muss dann wieder die Frage gestellt werden, ob die Verstärkerleistung und der Chassiseinsatz ausreichen, um diesen Nachteil der geschlossenen Variante zu kompensieren.
Das ist auch der Grund, warum ein Vergleich der Systemwelten (aktiv vs passiv oder geschlossenes Gehäuse vs. BR) schwer bis unmöglich ist.
Jetzt kommt aber die technische "Trickserei" ins Spiel und eine wichtige philosophische Frage: "Was ist laut - wer kann das ausnutzen?"
Wir müssen an der Stelle eklatante "Fehlanpassungen" zwischen Raum und LS außer Acht lassen. Wer in einem 200 m²-Loft in 8 Meter Entfernung die Ace 30 einsetzt, um damit AC/DC im Live-Pegel zu hören, macht wirklich alles verkehrt. Betrachten wir also ein "gesundes Verhältnis" zwischen Raum- und LS-Größe sowie Abhördistanz.
Nur die allerwenigsten Nutzer betreiben ihre LS ständig oder zumindest oft im Grenzbereich. Das heißt, der Membranhub ist in den seltensten Fällen "am Anschlag". Diesen Umstand kann der Konstrukteur nun ausnutzen, um beim "üblichen" Pegel den Bass über die DSP-Regelung tiefer laufen zu lassen. Er setzt praktisch die ungenutzten Hub-Reserven ein. Das klappt solange, bis der Pegel so hoch wird, dass der Membranhub in "gefährliche Bereiche" kommt und dann wird wie oben beschrieben gegengesteuert.
Es kann also sein, dass das "kleinere" geschlossene System insgesamt eine messtechnisch bessere Bassperformance gegenüber einer BR-Variante aufweist (Impulsverhalten, Tiefe) aber eben nicht so laut kann.
Was aber "laut" ist, kann nicht genau definiert werden. Deswegen muss hier immer wieder der Rat erfolgen im "Selbstversuch" zu hören.
Ach ja .... und nicht vergessen:
Die gesamte Bassperformance wird zu einem erheblichen Anteil auch durch den vorhandenen Hörraum beeinflusst. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
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