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LDR 6.2 nach Hochwasser retten

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    LDR 6.2 nach Hochwasser retten

    Einen schönen guten Tag zusammen!

    Piega war mir bis vor ca. 2 Stunden noch gar kein Begriff und ich bin jetzt neu in euer Welt Durch das Pech eines Bekannten (Hochwasser in den Keller gelaufen) bin ich jetzt an ein Paar LDR 6.2 und dazu eine Quad 606 Endstufe gekommen. Long story short: Versicherung hat sich nicht angestellt und der Vorbesitzer ist froh dass sich jemand (ich, auch happy) seinen alten Lautsprechern annehmen will. Alle glücklich

    Ich hab die guten Stücke jetzt hier stehen und frag mich wie ich am besten anstelle. Die standen wohl einige stunden ca. 30 -40 cm tief im Wasser, der schaden hält sich auf den ersten Blick in Grenzen. Scheinbar hauptsächlich aufgequollenes Sperrholz.

    Aber ein paar Fragen hätte ich an euch:

    1. Hat vielleicht eine(r) von euch eine ähnliche Reparatur schon mal gemacht und kann seine Erfahrung teilen?
    2. schnell oder eher langsam trocknen?
    3. gibt es Bauteile die ich prophylaktisch tauchen sollte? Im wasser standen nur das terminal und die untere weiche.

    Freu mich auf eure Rückmeldung

    #2
    Willkommen bei den PIEGA-Fans.

    Wenn du neugierig wurdest und etwas zur Firmenhistorie wissen möchtest, schaue mal hier.
    Ältere Modellreihen findest du im "Museum". Leider sind von damals nicht mehr alle Unterlagen vorhanden, so dass nicht von allen Modellen Infos vorliegen.

    Wasserschäden im Allgemeinen
    Grundsätzlich sind PIEGA-Lautsprecher nicht für den Unterwassereinsatz konzipiert.

    Bei solchen Wasserschäden ist natürlich auch zu beachten, ob es halbwegs "sauberes" Wasser war oder ob auch Heizöl, Fäkalien oder irgendwelche Chemikalien im Wasser waren. Bei solchen Verschmutzungen ist der Totalschaden vorprogrammiert.

    Was kann durch das ("saubere") Wasser passieren?

    Metallteile, wie z. B. das Alugehäuse, sind recht unempfindlich. Hier hilft im Prinzip ein Putzlappen. Allerdings besteht ein Lautsprecher nicht nur aus Metall.

    Im Inneren sind div. Materialien verbaut, die auch Wasser aufnehmen können. Dazu zählen z. B. Holzversteifungen oder auch Schallwandhinterfütterungen. Grundsätzlich bestehen diese Holzteile aus MDF (oder Spanplatte). Diese beiden Sorten sind grundsätzlich sehr wasserempfindlich und saugen sich zum Teil wie ein Schwamm voll. Neben Auflösungserscheinungen in der Struktur könnten sich Schimmelpilze bilden, die zum Teil auch gesundheitsgefährdent sein können. Aufwändig verleimte MDF-Versteifungen (sog. Matrix) könnten ebenfalls massiv Schaden nehmen, da prinzipiell in dem Bereich keine wasserfesten Verleimungen erwartet werden dürfen (warum auch, wenn das Holz nicht wasserfest ist).

    "Normales" Sperrholz ist genau so zu betrachten wie MDF. Sperrholz kann wasserfest sein, wenn es wasserfest verleimt ist (Bootsbausperrholz). Davon würde ich im Inneren einer Lautsprecherbox aber nicht ausgehen.

    Grundsätzlich sollte Holz langsam trocknen, wobei das für Masssivholz gilt. Ist es an der Oberfläche trocken, im Kern noch feucht, kommt es meistens zur Rissbildung, mindestens aber zum Verzug. Aber da kein Massivholz verbaut ist, sondern Spanplatte/MDF, spielt das sowieso keine Rolle. Nochmal: Ist MDF/Spanplatte nass geworden, ist es zumindest partiell ein Totalausfall.

    Im Prinzip gilt das hier auch für MDF

    Also: Tieftöner rausnehmen, Polstermaterial entfernen und reingucken. Ist das Holz über eine größere Fläche nass/feucht, würde ich nicht weiter über eine Reparatur nachdenken. Ein wirklich kleiner Wasserfleck sollte an der Luft trocknen und über einige Zeit beobachtet werden und kann dann VIELLEICHT ausgebessert werden.

    Bei Holzgehäuse (wie z. B. die Classic-Baureihe) kann sich jeder selbst ausmalen, was es heißt, wenn die im Wasser stehen.


    Polstermaterial kann ebenfalls (je nach Art des Materials) Feuchtigkeit aufnehmen. Blöd - das Zeugs kann durch Kapillarwirkung das Wasser im LS nach oben transportieren. Hier spielt natürlich die Dauer des Wassereinbruchs eine Rolle. Je nach Art des Polstermaterials reicht trocknen an frischer Luft oder es wird ein Austausch erforderlich.

    Passive Weichen sind relativ unempfindlich. Sind sie auf einem Holzbrettchen montiert, gilt für das Montagebrett das Gleiche wir für die sonstigen Holzteile. "Richtige" Platinen können gereinigt werden, siehe hier. Die Anschlussbuchsen können ebenfalls gereinigt werden. Schwierigkeit könnten Schalter/Regler machen (wenn vorhanden), daher austauschen.

    Bei Aktiv-LS sollte die Elektronik durch einen Fachmann geprüft/getauscht werden.

    Ganz schwer wird's mit den Chassis. Ist durch Verunreinigungen im Wasser Spule/Magnet/Spalt verdreckt, hilft nur ein Chassistausch. Wobei dann sowieo sehr genau zu prüfen ist, inwieweit Membran, Sicke, Zentrierspinne und Verklebungen durch Wasser/Feuchtigkeit geschädigt sind. Der nächste Punkt wäre, ob überhaupt noch Chassis verfügbar sind.

    Dagegen sind dann rostende Schrauben/Gewinde (und auf unbestimmte Zeit ein Modergeruch) nur noch eine Randnotiz.


    Speziell in deinem Fall mit der LDR 6.2 hake ich nochmal nach.


    Zuletzt geändert von nk; 02.08.2021, 11:26.
    Norbert,
    der NUR den eigenen Ohren vertraut

    Kommentar


      #3
      Von kds (einem der Firmengründer und technischer Vordenker) habe ich keine gute Info bekommen.

      Der Aufbau war ein Spanplattengehäuse, welches mit Metall beplankt war. Sollten 30 - 40 cm Wasser darin gestanden haben... siehe meine Erläuterung.

      Über kurz oder lang wird sich dann in Folge der Feuchtigkeit auch noch an den Druckgusskörben der Chassis die sog. Zinkpest bilden (näheres findest du im i-net). Weiterhin ist zu befürchten, dass die Polplatten der Bass-Chassis korrodieren. Auch die Nickelschicht der Noedym-Magnete und die Lötstellen auf der Hochtönerfolie sind nicht sonderlich feuchtigkeitsresistent.

      Und als ob das nicht schon reichen würde.... es gibt keine Ersatzteile mehr.

      Kurz - wenn du ganz viel Zeit hast und dazu noch Langeweile und ein hohes Maß an Bastelspaß vorhanden ist.

      Chassis ausbauen.
      Polsterwolle raus.
      Weiche raus
      Alles sehr lange in trockener Luft trocknen lassen (beachte die Holzproblematik)
      Zusammenbauen und Hoffnung aufbauen, dass es noch funktioniert (irgendwie).

      Ansonsten: Müllkippe.


      Norbert,
      der NUR den eigenen Ohren vertraut

      Kommentar


        #4
        Zitat von nk Beitrag anzeigen

        Ansonsten: Müllkippe.
        Vielen Dank für die ausführliche und hilfreiche Antwort! Entsorgen ist ist aber für mich keine wirkliche Option, dafür ist das Bastlerherz zu groß, das Budget zu klein und die Vorfreude ein schönes Audio Setup mit etwas Aufwand zu bekommen zu verlockend.

        Ich hab jetzt mal die Chassis und Polstermaterial ausgebaut und begutachtet. Das Polstermaterial trocknet auf der Wäscheleine, aber eigentlich nur als Referenz für die benötigte Menge der jeweiligen Kammern, ich werds wohl austauschen. Die Chassis sehen meiner (zugegebenermaßen nicht sehr sachkundigen Meinung) tadellos aus und hatten wohl keinen direkten Wasserkontakt. Ich hab hier gelesen dass leichte Blasen oder Unebenheiten wohl häufig auftreten, auch das konnte ich nicht beobachten. Der Terminal hat in isoprop gebadet und die Kippschalter zur abstimmung der hoch und tieftöner werde ich ersetzen. Zum Glück ja Standart Komponenten.

        Ich werde hier einfach mal dokumentieren wie es läuft und weitergeht, vielleicht ja für den ein oder anderen interessant. In den unteren 10cm ist das material schon gut 2mm in jede Richtung ausgequollen. Daher spiele ich momentan jedenfalls mit dem Gedanken das gesamte Gehäuse einfach 1 zu 1 nachzubauen. Es scheint ja im Innenraum keine komplizierte Matrix zu geben. Ein Kollege mit CNC-Fräse dem ich von meinem Vorhaben erzählt habe ahnt schon dass da am Wochenende Arbeit auf ihn zu kommt Etwas CAD zu lernen stand aber sowieso schön länger auf meiner ToDo liste. Nötig wäre das ja nur für die Stirnseite. Die Frontblende und die Edelstahl Blenden würden handwerkliche Unzulänglichkeiten ja gut kaschieren.

        Während ich das jetzt so schreibe drängt sich da doch eine Frage auf: wenn ich schon den Aufwand betreibe, warum nicht direkt ein schönes Massivholz nehmen. Gibt es da was das dem MDF (stirnseite) und Spanplatten in ihren Eigenschaften so ähnelt dass ich es ersetzten kann ohne mit etwas zu 'versauen'? Muss nicht sein, im Zweifelsfall nehme ich identisches material. Bei den aktuellen Holzpreisen hat man ja eh wenig Lust sich was schönes zu kaufen

        Ohje, noch eine Frage brennt mir auf der Seele und ich hoffe ich bekomme keine Schelte von euch; Kann jemand einschätzen wie "Partyfest" diese Lautsprecher sind? Sind natürlich nicht dafür gemacht, aber wenn die guten schon kurz von "müllkippe" stehen, warum nicht auch bei einer Party nen abgang machen? Ich hoffe ihr versteht mich.



        Kommentar


          #5
          Zitat von foobar Beitrag anzeigen
          In den unteren 10cm ist das material schon gut 2mm in jede Richtung ausgequollen.
          Was ja zu befürchten war. Damit hat auch die Festigkeit massiv gelitten bzw. ist gar nicht mehr vorhanden.

          Ja, das nenne ich Basteleinsatz, was du da vorhast

          Aber um zu retten, was vielleicht zu retten sein könnte, wirst du um ein neues Gehäuse nicht vorbeikommen.

          Denke daran, dass für die richtige Größenbestimmung das INNENMASS wichtig ist, um das Innenvolumen zu berechnen. Denn das ist für die Abstimmung der Basstreiber ausschlaggebend.

          Als Baumaterial ist MDF der beste Kompromiss aus akustischen Eigenschaften, Preis, Verfügbarkeit und Bearbeitungsmöglichkeit. Insbesondere die akustischen Eigenschaften von MDF werden dabei häufig unterschätzt. Die Materialstärke sollte nicht unter 19 mm liegen, eher bei 22 mm. Die Schallwand sollte mind. 22 mm aufweisen, weil die Chassiskörbe schwer sind und weil recht große Kräfte wirken. Zusätzliche Verstrebungen im Inneren führen zu Reduzierung der Schwingneigung von Seiten- und Rückwand.

          Man Sollte allerdings schon über ein paar grundlegende Kenntnisse in der Holzverarbeitung aufweisen, auch sind ordentliche Werkzeuge unabdinglich. Wer ein komplettes LS-Gehäuse baut, sollte eine Oberfräse haben und auch mit ihrem Umgang vertraut sein. Hinzu kommen Kenntnisse darüber, wie man Verbindungen/Verleimungen herstellt, die langzeitstabil sind, so dass die Fugen bei einer evtl Lackierung nicht absacken oder gar reißen. Die Bandbreite bei Lackierung reicht vom Heimwerker-Einsatz mit der Rolle, bis hin zur perfekten Hochglanzlackierung im mehrschichtigen Aufbau. Oder gar bis zur dicken Lackschicht in einem Arbeitsgang, die dann mit ganz viel Können abgeschliffen und poliert wird. Für die Kenner und Könner: Kräusellack (wie die MasterOne).

          Eine Alternative wäre ein Furnierung, da sind aber schon sehr gute Kenntnisse, Erfahrung und Werkzeug gefragt. Ansonsten sollte ein Fachbetrieb eingebunden werden.

          Eine weitere Möglichkeit ist die Beplankung mit Metall, ist aber auch nichts für Anfänger und setzt hochpräzise Metallverarbeitung voraus (CAD/CNC). Ach ja, ganz nebenbei müssen die Metallplatten auch langzeitstabil und klapperfrei befestigt werden.

          Jetzt erkennen vielleicht einige auch, warum das Gehäuse eines LS in den meisten Fällen der kostenintensivste Teil eines LS ist. Abgesehen mal von besonderen Chassis, wie der PIEGA-Coax oder dimantbeschichtete Membranen.


          Da aber ungewiss ist, wie sich auf Grund der Feuchtigkeitseinwirkung die Chassis in Zukunft verhalten, solltest du in Ruhe abwägen, wie hoch der Bauaufwand sein sollte. Vielleicht auch erst einmal "nur" eine stabil gebaute und "zukunftssichere" rohe MDF-Variante und wenn alles über einen gewissen Zeitraum klappt, kannst du dir immer noch Gedanken über eine optische Verschönerung machen.


          Zitat von foobar Beitrag anzeigen
          Ohje, noch eine Frage brennt mir auf der Seele und ich hoffe ich bekomme keine Schelte von euch; Kann jemand einschätzen wie "Partyfest" diese Lautsprecher sind? Sind natürlich nicht dafür gemacht, aber wenn die guten schon kurz von "müllkippe" stehen, warum nicht auch bei einer Party nen abgang machen? Ich hoffe ihr versteht mich.
          Also ich sag mal so.... das lockt natürlich, wenn man das "Hochwasseropfer" so sieht und die Chassis vielleicht noch verwenden kann. Aber um sie dann in den Partykeller zu stellen, um sie vielleicht dort zu töten?

          Wenn du allein die Holzkosten einrechnest, dazu die Arbeitszeit, dazu der ungewisse Ausgang, dazu der evtl. Einsatzbereich, machst du gewaltig "Miese", weil Aufwand, Kosten und Nutzen unverhältnismäßig sind. Für den "reinen" Partykeller-Einsatz bekommst du in der PA-Ecke schon recht günstige und brauchbare neue Sachen.
          Zuletzt geändert von nk; 03.08.2021, 07:11.
          Norbert,
          der NUR den eigenen Ohren vertraut

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