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Ein oder zwei Bass-Chassis?

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    Ein oder zwei Bass-Chassis?

    In der Runde zur Master Jubilé kam die Frage, ob denn ein Bassschassis auch "so tief" runtergeht" wie zwei Chassis. Ich versuche mal an der Oberfläche zu kratzen und die Zusammenhänge sehr oberflächlich zu verdeutlichen. Betrachten wir es also sehr allgemein und ohne Berücksichtigung auf Gehäuseprinzipien oder Passiv-/Aktivbox.

    Sehr flapsig ausgedrückt ist fast jede LS-Box in der Lage einen 20 Hz-Ton zu bringen. Ich kann auf meine kleine JBL am PC einen Sinus mit 20 Hz schalten und sehe, wie sich die Membran bewegt. Die Frage ist nur: wie laut ist dieser Ton? Abgesehen mal von den Grenzen einer BR-Box.

    Laut den Erkenntnissen der beiden Herren Thiele und Small besteht ein Zusammenhang zwischen Gehäusevolumen, (untere) Grenzfrequenz und Wirkungsgrad ("wie laut").

    Ganz platt in diesem Zusammenhang:
    seeehr tief, dafür leise oder
    nicht sooo tief, dafür lauter.

    Aber ganz so simpel ist es natürlich nicht.

    Der Konstrukteur hat die Freiheit anhand der Chassis-Parameter (auch genannt Thiele/Small-Parameter oder kurz TSP) zu bestimmen, wie tief kann mein LS und wie laut spielt er dann.

    Aber der Techniker kann sich nur innerhalb gewisser Grenzen und Wechselwirkungen bewegen. Er kann nicht einfach sagen, ich baue ein riesiges Gehäuse für einen tiefen Bass, wenn das einzelne Chassis es von seinen Parametern gar nicht zulässt, weil z. B. die Resonanzfrequenz (fr) des LS-Chassis gar nicht so tief liegt. Sehr überspitzt gesagt, kann ein kleiner Mitteltöner auch in einem großen Gehäuse keinen (nutzbaren) Tiefbass erzeugen.

    Ob also ein oder mehrere (gleiche) Chassis im Bass eingesetzt werden, spielt für den "Tiefgang" kaum ein Rolle, denn der Tiefgang richtet sich ja auch nach den TSP der Chassis. Und 5 Chassis mit einer fr von 25 Hz gehen nicht tiefer, als ein Chassis mit einer fr von 25 Hz.

    Nehmen wir an, wie haben ein Gehäuse mit 50 Liter Volumen. Ein einzelnes Chassis hat dieses Volumen "für sich allein". Ein Twin muss sich das gleiche Volumen "teilen". Entsprechend muss eine Neuabstimmung des Bass-Gesamtsystems stattfinden, da wir ja eine Verbindung zwischen den TSP der einzelnen Chassis und dem Volumen haben. Das heißt, dass das Solo-Chassis günstigere Voraussetzungen in Sachen Tiefgang, Impulsverhalten usw. vorfindet, dies aber durch den leiseren Pegel erkauft wird.

    Um den Tiefgang bei zwei Chassis zu erweitern, müsste das Gehäuse deutlich größer werden. Wobei dann wieder zu beachten ist, ob die Chassis da noch mitmachen (TSP)

    Warum aber dann überhaupt zwei (oder mehr) Chassis für den gleichen Frequenzbereich?

    Der größte Vorteil in der Parallelanordnung zweier Chassis liegt in der höheren Belastbarkeit und im höheren Pegel. Die Belastbarkeit dürfte klar sein und der Pegel steht im direkten Zusammenhang mit der Membranfläche.

    Vereinfacht ausgedrückt: Eine größere Membranfläche macht bei identischem Membranhub mehr Pegel, als die kleinere Fläche. Oder umgekehrt: Bei gleichem Pegel macht die größere Fläche weniger Hub. Mit entsprechend zugeführter Leistung kann also der Twin in unserer oberflächlichen Betrachtung lauter spielen als der Solist bei gleicher Frequenz. Rein theoretisch spielt er ~3 dB (Verdoppelung) lauter, was einer Halbierung der erforderlichen Verstärkerleistung gleich kommt. Aber er kann nicht tiefer, weil ja durch die vorgegebenen TSP und dem sich daraus errechneten Gehäusevolumen eine Grenze vorgeben ist.

    Natürlich könnte auch anstelle von zwei (kleinen) Chassis ein großes Chassis eingesetzt werden. Allerdings erkaufen wir uns dann neue Denkarbeit in Sachen Bündelungsverhalten, Partialschwingungen usw. der größeren Membran. Und natürlich haben wir eine breitere Schallwand, was in Sachen Abstrahlverhalten im Mittel- und Hochton neue Überlegungen erfordert.

    Aber vor allem können sehr große Chassis in der Regel nicht "sehr hoch", weil ihre Membran schlicht und ergreifend zu schwer ist den schnellen Bewegungen korrekt zu folgen. Das heißt, der Konstrukteur muss auch im Auge behalten, wie "hoch" der Tieftöner gehen MUSS, weil er ja den Übergang zum Mitteltöner oder im Falle der Jubilé/50er des Hochtöners beachten muss.


    Die Zusammenhänge bei den TSP sind hochkompliziert und lassen sich in verwirrenden Formeln auch berechnen. Zum Glück übernimmt heute der PC diese Rechenarbeit und so kann der Konstrukteur bereits in der PC-Simulation sehen, wie die LS-Box später funktioniert - vielleicht. Denn wir wissen ja, dass da noch mehr ist, wie z. B. die Gehäuseeinflüsse.

    Sogar Amateure können heute mit Simulationen arbeiten, ein typisches Programm dafür ist Boxsim.


    Meinen Dank an Kurt, der den Beitrag auf sachliche Inhalte überprüfte.
    Norbert,
    der NUR den eigenen Ohren vertraut
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