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Neuigkeiten und PIEGA-Besuch 2012

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    Neuigkeiten und PIEGA-Besuch 2012

    Teil 1

    Man, wie die Zeit rast....

    Schon wieder ist ein Jahr 'rum und so stand mein Besuch bei der PIEGA wieder an.

    Allerdings gab es diesmal eine absolute Ausnahme und so hatte ich 2 Berliner PIEGA-Fans im Schlepptau, denen auch noch die Geburtsstätte der PIEGA-Schallwandler gezeigt wurde.

    Mit dem OK von Kurt darf ich wieder etwas über unsere Hörsession mit zukünftigen Speakern berichten.

    Die Menge an Neuigkeiten und dazu das "Rahmenprogramm" waren so groß, dass wir zum Hörvergleich einen knappen Zeitplan hatten und auch nicht alle Neuheiten hören konnten. Als "Hauptthema" kristallisierte sich sogar ein schöner Vergleich der "kleinen" Coax-Typen heraus, zumal meine "Begleiter" über die LS verfügen, die sehr gern im Forum immer wieder angesprochen werden und oft die Frage auftaucht, wie der Unterschied zum nächst größeren Modell aussieht.

    Das Besuchsprogramm

    Im Rahmen der "Kurt'schen Führung" durch die heiligen Hallen sorgten zwei Momente bei meinen Begleitern für ehrfürchtiges Staunen. Da war zum Einen die Wandlung eines Rohgehäuses mit ihrem metallischen Gebimmel beim "Anklopftest" bis hin zum "toten Pock" des Fertiggehäuses. In dieser Deutlichkeit wurde das wohl nicht vermutet.

    Und natürlich war die Herstellung der beiden Folien ein Augenblick der Andacht und allgemeiner Sprachlosigkeit.


    Aber jetzt die Veränderungen:

    Die Coax 10.2 und 30.2

    Ähnlich wie bei den Neuerungen aus dem Vorjahr, hat auch bei den "kleinen" Modellen oder genauer bei den kleinen Aluprofilen das Gehäuse den wesentlichen Anteil an den Veränderungen. Absolut vergleichbar mit den Vorjahresverbesserungen werden auch beim "kleinen" Profil gleich im Pressprozess zusätzlich verlaufende Verstrebungen eingearbeitet, welche für ein noch steiferes Gehäuse sorgen. "Neu" ist die alte Formgebung, also das "C-Profil". Für die PIEGA-Neulinge: der etwas "rundere Rücken" der älteren Gehäuseform.

    Am Koax-Bändchen und an den Bass-Chassis wurde nichts verändert.

    Die Frequenzweichen wurden selbstverständlich den neuen Gehäuse-Bedingungen angepasst und weisen ebenfalls die aus dem Vorjahr optimierte Impedanzanpassung auf.


    Premium 1.2,
    Premium 3.2 und
    Premium 5.2.

    Alle drei profitieren natürlich vom LDR MK II und durch überarbeitete Bass-Chassis. Diese wurden in ihren mechanischen Eigenschaften optimiert (Taumelbewegungen, Partialschwingungen usw.).

    Wie bei den größeren Brüdern wurde auch hier das Alu-Profil durch zusätzliche Längsverstrebungen während des Pressvorganges noch weiter versteift. Interessant ist, dass die neuen "kleinen" Premium-Profile nicht einfach nur in der Länge unterschiedlich sind, sondern tatsächlich auch jeweils eine andere Grundfläche aufweisen. Diese ist wirklich dem Umstand geschuldet, dass dadurch eine sehr harmonische Formensprache in der "Rückenrundung" umgesetzt werden konnte.

    Wie immer bei PIEGA hört auch das Auge mit.
    Zuletzt geändert von nk; 27.09.2012, 07:18.
    Norbert,
    der NUR den eigenen Ohren vertraut

    #2
    Teil 2

    Die Hörchecks:

    Wir hörten ausschließlich uns bekanntes Musikmaterial. Als Antrieb diente die große Marantz-Kombi und der NA 7004 als DAC mit einem Notebook über ASIO/USB. Ein Vergleich "Alt gegen Neu" fand in keinem Fall statt, denn die Zeit .....
    Die neuen Modelle sind recht seriennah, was natürlich bedeutet, dass sich unter Umständen in winzigen Details noch ETWAS ändern kann.


    Wegen der schon erwähnten Zeitknappheit, hörten wir nur die Premium 5.2 aus der "mittleren Baureihe"

    Es ist absolut erstaunlich, was in dieser Preisklasse möglich ist. Das ist wirklich schon sehr ordentliches HiFi, wobei der Hochtonbereich mit dem LDR ganz klar in der HighEnd-Region wildert. Es gibt nur wenige Systeme, die diese Feinarbeit bei gleichzeitiger Lockerheit (Stresslosigkeit) leisten können. Ja, gut, der Tiefbassbereich ... es ist einfach so, dass sich die Physik nicht überwinden lässt und das recht zierliche Gehäusevolumen seinen Preis fordert.

    Insgesamt eine feine, zarte Säule mit sehr hohem FAF zum seeeehr fairen Preis, die schon an den HighEnd-Bereich anklopft. Und das alles auch noch in der PIEGA-typischen Verarbeitung mit Designbonus.


    Die Coax 10.2

    Obwohl einigen bekannt ist, dass die 10er diese "Eigenheit" aufweist, bei der Reproduktion der Musik einfach zu verschwinden und sich nur noch visuell orten lässt, verblüfft diese Fähigkeit immer wieder. Dabei ist das nicht einmal schwer zu erreichen, wenn man sich an die PIEGA-üblichen Aufstellhinweise hält. In diesem Zustand der völligen Losgelöstheit des Klangbildes vom Speaker ist die Wiedergabe einer intimen Aufnahmesession mit sparsamer Besetzung einfach nur ein Eintauchen in die Musik. Die 10er wird angestarrt, man sieht sie, man kann sie aber akustisch nicht zuordnen. Vor einem steht das perfekte Abbild eines Aufnahmeraumes. In dieser Disziplin ist die 10er eine Wunderkiste.

    Und ja, selbst wenn man etwas "heftigere" Musik mit Bass und Percussion hört, vermisst man erst einmal nicht viel. Na klar, die 10er tritt nicht gegen die Brust, dröselt aber die etwas höher gelegene Bassinformation extrem hoch auf. Da ist nicht ein bisschen "Smearing" im oberen Grundtonbereich, weshalb Stimmen mit nahezu furchteinflößender Präzision definiert werden. Frankieboy (im Duett mit Natalie Cole) macht über die 10er unmissverständlich klar, warum er eine absolute Ausnahmestimme hatte. Diese feinsten Phrasierungen, das Timbre, die Atemtechnik, die Dehnung der Töne ... Hier wird praktisch mit dem Mikroskop die Stimme analysiert.

    Fazit: Die 10er ist einfach ein unglaublicher LS, vor allem für Hörer, die entweder recht kleine Räume haben oder auf die untersten Register der Wiedergabe verzichten wollen, um dafür eine unfassbare Präzision und auch traumhaft räumliche Abbildung zu bekommen. Sie ist das perfekte Analysegerät mit hoher "Musikalität" für das etwas kleinere Umfeld bis hin für die Nahfeldhörer.

    Anders ausgedrückt:
    "PIEGA Coax 10.2: Der erste Kopfhörer für die freie Aufstellung."



    Coax 30.2 vs. Coax 10.2

    Die Grenzen der 10.2 wurden durch die 30.2 ganz klar aufgezeigt. Bei Amy Winehouse ("To Know Him Is To Love Him") hatten die Unterschiede auf Grund der Stimme und extrem sparsamen Instrumentierung ein nahezu vernachlässigbares Niveau. "Die Fantastischen Vier" ("Picknicker" in der Unplugged-Version) demonstrierten aber schnell, sehr schnell, wie sich die Gesetzmäßigkeiten des Gehäusevolumens auswirken. Der Tiefbass in der Aufnahmehöhle grummelte und der treibende Basskick peitschte das Stück richtig nach vorn. Das war dann doch etwas zu viel für die 10er.

    Fazit: Im Vergleich zur 10er besitzt die 30er natürlich einen sehr kräftigen Aufschlag in Sachen Tiefgang und Max-Pegel, was insgesamt eine entspanntere Spielweise gegenüber der 10er ergibt. Aber in Sachen Raum ... da muss die 30er einfach ein Patt hinnehmen. Vielleicht hat die 10er sogar einen leichten Vorteil, wenn sie wieder ihren "Verschwindetrick" auspackt.



    Die 30.2 im Solobetrieb.

    Obwohl äußerlich recht zierlich, ist die 30.2 eine absolut ausgewachsene Standbox für Wohnräume bis ~ 25 m². Sie demonstriert sehr deutlich die Überlegungen zum Alugehäuse mit einem extrem günstigen Verhältnis zwischen Innen- und Außenvolumen. Die 30er klingt viel größer als ihre Optik vermuten lässt, und zwar ohne Loudness-Trick.

    Maceo Parker und die WDR-Big-Band tröten in "I Wish" los, dass einem die Spucke wegbleibt. Das Schlagzeugsolo in dem Stück kommt knüppelhart, ohne dass die Bassdrum die Snare überdeckt. Gleichzeitig sind die Schwingvorgänge im Becken ganz klar umrissen. Hier wird deutlich, dass wirklich nur noch die Membranen schwingen, ohne dass sich das Gehäuse zu Wort meldet und das Zeitverhalten der Wiedergabe durch den "Massespeicher Gehäuse" negativ beeinflusst. Hörbar ist das bei Maceo Parker in "Soul Power", das "Duett" zwischen Schlagzeug und E-Bass, bei dem es darauf ankommt, dass die Bassdrum knackig kommt und gleichzeitig das E-Bass-Spiel bis in die letzten Details nachvollziehbar bleibt. Man konnte kristallklar zwischen den Schwingprozessen der Saiten und des Felles unterscheiden. Das ist schon Weltklasse gewesen. Und das alles bei Pegeln, die schon sehr laut waren. Aber sie behält 1 : 1 die Fähigkeiten bei, wenn im "22:00-Uhr-Mietshauspegel" gehört wird. Dies war das wirklich Erstaunliche, dass die beiden recht kleinen Basschassis den Spagat zwischen Laut und Leise perfekt beherrschen.

    Rickie Lee Jones oder Amy Winehouse waren über die 30.2 absolut faszinierend, weil sie nahezu perfekt natürlich oder auch "menschlich groß" reproduziert wurden. Die Coverbilder der beiden Sängerinnen und das akustische Erlebnis über die 30.2 ergaben ein absolut stimmiges Bild der Interpretinnen.


    Coax 70.2 vs. Coax 30.2

    Für einige PIEGA-Interessierte dürfte ein Vergleich Coax 70.2 vs. Coax 30.2 auf dem Wunschzettel stehen.

    Wir waren ziemlich überrascht, wie klein die Unterschiede zwischen den beiden waren. Die 30er muss sich nicht hinter der 70er verstecken. Die 70.2 punktet natürlich mit höherer Pegelreserve und mit mehr Gelassenheit im untersten Bassbereich. Bei kurzen, kräftigen und blitzartigen Dynamiksprüngen kommt die 70er etwas lässiger daher. Ein tief geschrammelter Akustikbass hat über die 70er mehr Substanz und Souveränität. Live-Pegel fallen der 70er leichter. Die kleinen Basschassis der 30er kamen bei brutalen Pegelattacken einfach an ihre Grenzen. Das muss man nicht schönreden. Aber ich sollte an dieser Stelle wirklich sagen, dass die Aussage "BRUTALE PEGEL" wörtlich zu nehmen ist.

    Deshalb die einfache Regel: Je größer der Raum und der Hörabstand, desto eher kommt die 70.2 ins Spiel.

    In durchschnittlichen Wohnraumgrößen und bei Pegeln, die der Ohrenarzt noch verantworten kann, sind die Unterschiede beider Speaker kaum noch als wirklich "besser" oder "schlechter" zu werten. Bei ungefähr 2,5 Meter Hörabstand kann auch eine 30.2 zu Hörschädigungen führen. Da außerdem in einem kleineren Raum ein basspotenter Speaker nicht immer gut funktionieren muss, bleibt mein Tipp: Hört euch unbedingt die 30.2 an! Sie war und bleibt einer meiner Lieblinge im Programm. Für mich persönlich war die 30.2 heute das Highlight. Jedenfalls bei den Speakern, die mit normalen Maßstäben erfasst werden können, später mehr ....


    Die neuen Coax xx.2 insgesamt:

    Die Modellreihe mit dem kleinen Coax ist fein untereinander platziert und bietet somit für jeden Raum und Hörabstand einen tollen Spielpartner mit Langzeitzufriedenheitsgarantie. Mein ganz simpler Tipp: Je kleiner das Hörumfeld, desto kleiner der Speaker (von speziellen Hörräumen mal abgesehen).

    Nach Abschluss der "Coax-Renovierungen" kann festgehalten werden: 10.2, 30.2 und 70.2 haben feine Evolutionsstufen erlebt.

    Die 90.2 steht mit dem großen Coax und ihren Über-Alles-Eigenschaften über den Dingen und die 120 bleibt (bis auf Weiteres) für die sehr großen Räume mit kräftigen Pegelattacken. Sie ist und bleibt die Alternative zum MasterOne, wenn dieser nicht gestellt werden kann.

    MasterOne musiziert weiterhin unverändert in seiner eigenen Welt. Wenn er Platz hat, ist und bleibt er ein Traum.
    Zuletzt geändert von nk; 27.09.2012, 07:06.
    Norbert,
    der NUR den eigenen Ohren vertraut

    Kommentar


      #3
      Teil 3

      ... über ein Denkmodell in Form einer Line Source:

      Im letzten Jahr hatte ich ja kurz über ein Denkmodell berichtet. Aber es war einfach zu früh, genauer in die Klangerlebnisse einzusteigen. Der "Frühstadienprototyp" war erst einmal ein Ansatz für Kurt und Daniel, um das System verstehen zu lernen.

      Kurt und Daniel mussten viel Grundlagenarbeit leisten, die schon mit einer brauchbaren Messung des Systems anfing. Systeme mit solch einer Chassisbestückung und in diesen Dimensionen können nicht wie z. B. eine Coax 10 messtechnisch erfasst werden. Da haben bereits die Laufzeitunterschiede der Chassis zum Mess-Mikrofon eine große Auswirkung.

      Jetzt ist es aber schon ziemlich weit mit dem Denkmodell vorangekommen. Auch äußerlich (und natürlich innerlich) hat sich noch einiges getan, das Bassumfeld wurde noch größer! Pi mal Daumen steht jetzt ein 400-Liter-Volumen für 4 22"-Chassis zur Verfügung.

      Leider, leider hat's mit einem Vorserienmodell diesmal noch nicht ganz geklappt, denn es wird weiter verbessert.

      Die neue Schallwand für dieses Monstrum war noch nicht fertig. Sie wird aus einer knapp 3 cm dicken und ~100 Kg schweren Aluplatte hergestellt, aus der alles weggefräst wird, was im Wege ist. Und im Wege ist das Aluminium, wo die insgesamt 24 LDR-Hochtöner und 9 Mitteltöner rein sollen.

      Komplett neu wird das Bassgehäuse. Ganz nebenbei kommen auch noch zwei zusätzliche 22" Chassis rein, so dass also ein knapp 1,80 Meter hohes Gebilde mit insgesamt 39 Chassis und einem Kampfgewicht von irgendwo um 300 Kg vor einem steht. PRO LAUTSPRECHER! Ich hab' schon gar nicht mehr gefragt, ob durch das neue Bassgehäuse auch das Volumen steigt. Ich glaub', das ist mittlerweile auch egal, ob da nun ein 400-Liter oder 500-Liter Brocken steht.

      Leider, leider, leider war der Alu-Fräser noch nicht fertig, so dass wir "nur" den ersten Prototypen hören konnten, also noch die Version mit dem "kleinen Bass" und der Holz-Alu-Sandwich-Schallwand (siehe Bildchen).

      Obwohl dieses Monstrum einen höheren Wirkungsgrad als MasterOne hat, ist es kein Kostverächter in Sachen Verstärkerleistung. Wer das Ding artgerecht halten will, benötigt auch richtig Dampf. Stabile 300 Watt sind jetzt nicht unbedingt überdimensioniert, es können aber auch mehr sein. 1 KW geht natürlich auch ....

      Aus dem erforderlichen Hörabstand von 5 - 7 Meter kann man sich ungefähr die Dimensionen des benötigten Hörraumes ausmalen. Als reinrassiger Dipol sollte er etwa auf 1/3 der Raumlänge stehen. Der Hörabstand, die Position zur Wand hinter dem Speaker, die Position zwischen Rückwand und Hörplatz und natürlich die Basisbreite mit ihren Wandabständen lassen einen Raum mit über 100 m² nicht als Angeberei, sondern als Notwendigkeit erscheinen.

      Wie klingt aber so ein Monstrum? Natürlich ist es für eine abschließende Meinungsbildung noch viel zu früh.

      Meistens haben solche Systeme ihre Problemchen mit richtiger Größenabbildung. Zarte Frauenstimmen, Gitarren und kleine Percussion werden oftmals viel zu groß abgebildet. Also kam erst einmal Amy Winehouse "To Know Him Is To Love Him" in die Datenleitung. Eher leise, fast ängstlich, nicht auf Krawall ausgelegt. Wir saßen eigentlich alle ziemlich baff vor diesen beiden Riesen. Sie stellten unglaublich zart und feinfühlig, sogar zerbrechlich Amy in ehrlicher Größenabbildung wie festgenagelt zwischen die Schallwände.

      Absolut faszinierend, dass Amy nicht - wie befürchtet - aus einem "off" zwischen den Schallwänden singt, sondern messerscharf focussiert wird. Das war aber nicht auf eine Aufnahme beschränkt. Johnny Cash, Katja Maria Werker ... die Grundtendenz blieb immer gleich.

      Ich hab' schon einiges gehört, aber als Alexis Korner mit dem Titel "How Long Blues" spielte, war ich irritiert. Schlagartig wurde eine Aufnahme nicht wiedergegeben, Alexis wurde wiederbelebt! Hier stimmte alles. Die Größe des Flügels, die dreckige Stimme, die Studiogröße, ja sogar seine Sitzhaltung vor dem Flügel war plastisch vor uns. Noch nie, wirklich noch nie habe ich eine Tonkonserve derartig realistisch erlebt. Innerhalb von Sekunden stufte ich dieses Juwel der Tontechnik als eine der schönsten Männer-Gesangs-Aufnahmen aller Zeiten ein.

      Mit einer unglaublichen Reinheit und Klarheit wurden selbst kleinste Pegelschwankungen in der Stimme wiedergegeben. Man spürte förmlich, wie die Finger die Tasten auf dem Flügel berührten. Feinste Differenzen im Anschlag auf dem Flügel wurden präsentiert als steckte der eigene Kopf im Resonanzkörper des Instrumentes.

      In Sachen Raumabbildung machte dieser LS genau das, was auf dem Tonträger war. Die riesigen Wände erzeugten erstaunlicherweise keinen aufgeblähten Raum, der beim Dipolprinzip in diesen Größenordnungen sehr oft zu beobachten ist.

      Liveatmosphäre - die Königsdisziplin des Systems. Bei jeder guten Einspielung wurde man unmittelbar in die Halle oder in den Blueskeller gesetzt. Ein kleiner Blues- oder Jazzkeller blieb klein, man spürte die Enge. Eine Halle war riesig, man kam sich verloren vor. Ganz ehrlich, das hatte ich so nicht unbedingt erwartet.

      Tja, und dann ist da noch etwas .... Kraft. Dieses System kennt keine Grenzen und keine Gnade. Die Reserven kann man wahrscheinlich in Räumen, in denen gewohnt wird, nicht ausschöpfen; und das mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit, Schnelligkeit, Präzision und Leichtigkeit. Ich hatte in all den Jahren mit dem Hobby schon oft solche Monstersysteme gehört - meistens als "nett" eingestuft, aber nie wirklich vom Hocker reißend. Hier war es völlig anders, sche...e, dass uns unser Zug Richtung Flughafen nicht mehr viel Zeit ließ. Einen "Rausschmeißer" probierten wir aber doch noch.

      The O-Zone Percussion-Group "Jazz Variants", so ab 5:30. Erst ganz leises Gebimmel, dann langsam steigernd mit ein paar "zarten" Trommeln und irgendwann kommt's .... Da wird eine Percussion gedroschen, die in der Wavelab-Analyse mit 35 Hz gezeigt wird und nur eine Absicht kennt: "macht kaputt, was euch kaputt macht".

      Gleich mit dem ersten Schlag auf dieses Mörderinstrument gingen die Lichter rund um den Zürichsee aus. Zumindest hatte es den Anschein, denn eine der großen Marantz-Blöcke trat in den Streik. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb heraus verweigerte ein Monoblock die weitere Arbeit. Kurze Unterbrechung, neu starten, Pegel etwas runter und die ganze Übung noch mal. Im Nachgang muss ich sagen, "ein Glück ging die Marantz in den Streik". Denn was mit "gedrosseltem" Pegel abging, war einfach nur noch der blanke Irrsinn. Die 35 Hz-Basswelle wurde explosionsartig durch den Raum geschleudert. Nicht auszuschließen, dass alles organische Leben im Hörraum vernichtet worden wäre, hätte uns die Marantz nicht beschützt. Dieses System macht hochgradig süchtig. Wenn die Begriffe Kompression und Verzerrungen einfach aus dem Handbuch der LS-Technik gestrichen werden können, entsteht wahrscheinlich schon mal eine hohe Versuchung auf immer mehr, meeehr, meeeeehr....

      Vor vielen Jahren stand ich einmal 4 oder 5 Meter neben einer riesigen japanischen Trommel, die von einem schmerzlosen (wahrscheinlich auch gehörlosen) Typen malträtiert wurde. Jeder Schlag auf's Fell der Trommel erzeugte im Brustkorb einen solchen Stoß, dass Angst um den Herzmuskel aufkeimte. Da war mir klar, dass so etwas im heimischen Zimmer nicht einmal im Ansatz umgesetzt werden kann.

      Mit diesem System war es zwar auch noch nicht wie das Original, aber es war verdammt dicht d'ran. Ob dieses "verdammt dicht d'ran" allerdings durch das Monstrum oder durch die Amps begrenzt wurde, ist die nächste Frage. Auf keinen Fall sollte man dieses Spiel mit der unerschöpflichen Kraft zu lange machen, sonst hört man nie wieder etwas.

      Man (also zumindest ich) kann diese Gebilde nicht mehr mit normalen und gewohnten Umschreibungen erfassen. Dafür sind die Unterschiede zu "normalen" LS einfach zu gewaltig. Oder man (bzw. ich) macht es sich einfach und sagt: "Es wird ein neuer Standard definiert."


      Wer jetzt anfängt zu träumen ...: Ja, wahrscheinlich wird das System kommen. Unbedingt wäre dann der Platzbedarf zu beachten.

      Was es kosten könnte? Na ja ... NUR die Fräsmaschine für die Schallwand ist 30 Stunden beschäftigt, ohne Material und Finish. Da bleibt eigentlich nur die freche Antwort: "Wer ängstlich nach dem Preis fragt, kann es sich sowieso nicht leisten."

      ... ohne Elektronik wohlgemerkt.


      Zum Schluss das Wichtigste: Ein riesiges Dankeschön von uns Dreien an alle des PIEGA-Teams in Horgen für die freundliche Behandlung der Störenfriede aus Berlin.


      Ein paar Bildchen vom Denkmodell wurden mit Kurts Zustimmung geschossen und dürfen hier gezeigt werden.

      Einige Bilder mit Erklärungen zum Gehäuse und zum Bändchen gibt's hier.
      Angehängte Dateien
      Norbert,
      der NUR den eigenen Ohren vertraut

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        #4
        Hallo Norbert,

        vielen Dank für Deine ausführliche Beschreibung!
        Ich schmeiss mich weg - die Dimensionen von dem Teil sind ja wirklich aus einer anderen Welt. Aber selbst wenn ich einen Neubau realisiere - ein 100 qm Hörraum wird wohl leider nicht drin sein...

        Der ins Auge gefasste Markt wird wohl eher Asien oder Amerika sein...

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          #5
          Besten Dank!

          Wow! Das Line Source-System hat ja schon richtig Form angenommen!

          Hätt`ich nicht gedacht dass das so schnell vonstatten geht. Bin ja sehr gespannt wie sich dann die endgültige Version anhören wird!

          Vielen Dank Norbert für diesen so ausführlichen und (Wie bei Dir ja immer) vor allem aufschlussreichen Bericht!


          cheers

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            #6
            am Wochenende war ich ja bei HiFi im Schloß und die gute Nachricht vorweg: nichts hat mich in Unruhe versetzt

            Interessant war ein top Heimkino Setup von Wisdom Audio, Fronts waren wohl deren L75 Linienstrahler?!?! Bei 80Hz übernimmt ein Sub, die integrierten Bass Chassis gehen nur bis 225 oder 250 Hz ( weiß ich nicht mehr ) und darüber die in Linie angeordneten Chassis bis in ca. 2 m Bauhöhe.

            Der Klangeindruck war richtig gut: raumfüllend, dabei ordentlich auflösend. Der tolle Raumeindruck kam ganz ohne Center aus, wirklich gut. Besonders dass man keine definierte Höhe als Schallzentrum ausmachen konnte war schon ungewohnt. Weniger fokussiert, dafür aber raumfüllender und einhüllender (weiß nicht wie ich es anders formulieren soll)

            So in etwa stelle ich mir aber den Klangeindruck der Piega Entwicklung vor!

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              #7
              'ne LineSource (manchmal auch LineArray) hat eigentlich folgenden Denkansatz und wird deshalb auch viel in Konzertbeschallung, Kirchenbeschallung usw. eingesetzt.

              Die Chassisanordnung sorgt für eine starke horizontale Bündelung, wodurch Decke und Boden mehr oder weniger ausgeblendet werden.

              Schaut euch hierzu mal das Prinzipbildchen an. Hier geht's wirklich nur ums Prinzip und nicht um Details der PIEGA Line Source.

              Manche vermuten vielleicht, dass durch diese Chassisanordnung eher eine vertikale Bündelung eintritt, wie an den roten Strichen zu erkennen ist. Kurioserweise tritt genau das Gegenteil ein und das System bündelt horizontal (grüne Linie). Oder anders ausgedrückt: Es fächert eher in die Breite. Wir kennen einen ähnlichen Gedankenansatz bei der d'Appolito-Anordnung. Aber im Gegensatz zur d' Apo-Anordnung zeichnet sich eine Line-Source durch eine sehr gleichmäßige Schalldruckverteilung ohne störende Interferenzen aus.

              Simpel auf einen Nenner gebracht: Ein Großteil der Energie wird bei einer LineSource eher "waagerecht" durch den Raum gepustet.

              Der Nachteil ist, dass unter Umständen eine nicht passende Sitzhöhe zu einem falschen Klangeindruck führen kann.

              Tendenziell hat das erst einmal nicht so viel mit "raumfüllenden Klang" zu tun. Obwohl natürlich die stärkere Ausblendung von Decke und Boden ein anderes, vielleicht auch ungewohntes Klangerlebnis hervorruft.

              Im Falle der PIEGA LineSource spielt für den Raumeindruck natürlich das reinrassige Dipolprinzip die tragende Rolle. Und da die Schallwand 1 : 1 den Schall vorne und hinten verteilt (nach hinten ebenfalls als LineSource) ist dieser Raumeindruck besonders ausgeprägt. Hierzu sollte der Speaker auf ungefähr 1/3 der Raumlänge stehe. Haben wir also einen Raum mit 9 Meter Länge, sollte der Dipol ca. 3 Meter von der Rückwand entfernt stehen, da hier im Allgemeinen die Schallschnelle (und nicht der Schalldruck) ausgeprägt ist.

              Aber die Aufstellung ist als "tendenziell" und "meistens" zu sehen, so dass es im "wahren Leben" Abweichungen geben wird.
              Angehängte Dateien
              Norbert,
              der NUR den eigenen Ohren vertraut

              Kommentar


                #8
                Jetzt noch offiziell...

                Norbert,
                der NUR den eigenen Ohren vertraut

                Kommentar


                  #9
                  um das mit dem raumfüllend zu präzisieren:
                  statt das die Schallquelle von einer Höhe herkommt, war sie halt eher raumhoch präsent.

                  Weiß nicht wie ich es anders beschreiben soll...

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                    #10
                    Hallo Harald,

                    aaahh, jetzt weiß ich, was du meinst.

                    Das hast du sehr gut beschrieben und ist ein Phänomen was viele dieser "Monstersysteme" haben.

                    Was bei einem großen Symphonieorchester oder der großen Kirchenorgel vielleicht passt, ist bei sehr sparsamer Instrumentierung eher "ungewohnt".

                    Denn es gibt keine Gitarre, die vom "Boden bis zur Decke" reicht. In dem Falle werden Interpreten und Instrumente also zu groß abgebildet. Dabei habe ich bei vielen Systemen zum Teil starke Unterschiede bemerkt. Während einige System "bis zum platzen aufpumpen", waren andere dieser Monster schon deutlich "feinfühliger".

                    Ich kann an der Stelle nicht einmal erklären, warum sich diese Systeme so unterschiedlich verhalten. Ob es mitschwingende Schallwände sind, Bündelungsverhlaten der einzelnen Chassis.... ich weiß es nicht.

                    Der nächste Punkt ist natürlich, dass Systeme in diesen Größen eher selten und Vergleiche in einem Studio nahezu unmöglich sind.

                    Beim PIEGA-Denkmodell war es so, dass man den Eindruck bekam, dass z. B. Alexis Korner auf einem 30 cm hohen Podest vor einem war. Trotzdem blieb das Instrument in realistischer Größe und Alexis war nicht 3 Meter hoch.

                    Siehe auch hier
                    Norbert,
                    der NUR den eigenen Ohren vertraut

                    Kommentar


                      #11
                      genau das ist der Punkt:
                      Für Solisten eher komisch. Die Vorführung war aber natürlich ein bombastisches Konzert: David Foster and friends. Und da die dortige Halle riesig war, hat das dann schon gepasst - wenn auch ein wenig ungewohnt.
                      Dann noch die Anfangssequenz von Quantum Trost: auch hier geht es ja um Druck - die röhrenden Motoren, die Schüsse und Explosionen.
                      Eine mikroskopische Interetenpositionierung hat da sowieso nicht im Vordergrund gestanden...

                      Kommentar


                        #12
                        Siehe auch Hörerfahrung zur Coax 30.2
                        Norbert,
                        der NUR den eigenen Ohren vertraut

                        Kommentar

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